Im Blogbereich des Arbeits-und Sicherheitsschuh-Herstellers ELTEN finden wir ein hervorragendes Interview mit Stefan Tintrup. Er ist gelernter Orthopädieschuhmacher und Industriemeister Schuhfertigung.

Seit 2013 arbeitet Tintrup für ELTEN und berät Unternehmen, die ihre Beschäftigten mit optimal passendem Fußschutz ausstatten möchten. Dabei findet er für jeden Träger den passenden Schuh. Er weiß stets, warum der Schuh drückt – deshalb ist er einer von drei Experten in den Bereichen Ergonomie, Orthopädie und Fußvermessung. Woher weiss man als Träger, ob man im Job spezielle Einlagen oder Zurichtungen benötigt? Und an wen muss man sich im Betrieb wenden? Diese und weitere Fragen beantwortet uns Stefan in diesem Bloginterview, das wir hier einmal komplett wiedergeben, weil es so umfassend und fundiert Auskunft gibt. Es ist im Original auf der ELTEN Webseite zu finden, samt Filmportrait Stefan Tintrup:

Hi Stefan, sag mal: Woher weiß ich als Schuhträger, ob ich orthopädische Einlagen benötige?

Ein Hauptindikator sind immer mögliche Schmerzen am Fuß. Wer Schmerzen am Fuß, an den Knien oder am Rücken hat, sollte als erstes einen Orthopäden aufsuchen und sich untersuchen lassen, weil häufig liegen die Ursachen im Fußbereich, bedingt durch eine Fehlstellung wie Senk- bzw. Spreizfuß.

Und welche Zurichtungen oder Einlagen korrigieren welche Fehlstellungen oder Erkrankungen?

In der Orthopädie unterscheidet man zwischen zwei Grundtypen: zwischen der Zurichtung und der Anpassung durch Einlagen. Eine Sohlenerhöhung zum Ausgleich der Beinlängendifferenz bei einem Beckenschiefstand wird oft unter die Sohle eingearbeitet. Das ist möglich. Wenn innerhalb des Schuhs etwas verändert wird, z.B. über die Einlegesohle, handelt es sich um die Einlage. Es gibt aber auch Fälle, in welchen beides kombiniert. Besteht beispielsweise eine Beinlängendifferenz bei einem Senk- bzw. Spreizfuß, benötigt der Träger eine Einlage und außen eine Anpassung der Höhe, damit er wieder auf die richtige Beinlängendifferenz kommt.

Die Beschwerden hören nicht auf, wenn ich den Freizeitschuh im Job gegen einen Sicherheitsschuh tauschen muss. Wie wichtig sind deshalb orthopädische Maßnahmen im Bereich Fußschutz?

Gerade wenn Fußprobleme vorhanden sind, sind diese oft mit Schmerzen oder mit Einschränkungen bzw. Fehlhaltungen verbunden. Das schlägt sich auf die Konzentration am Arbeitsplatz nieder. Orthopädische Maßnahmen sind daher in dem Bereich sehr zentral. Der Mitarbeiter sollte vernünftig versorgt und schmerzfrei arbeiten können, sodass er nicht von seinem Schmerz abgelenkt ist. Das wiederum kann zu Unfällen und Verletzungen führen, weil die Aufmerksamkeit über den Tag verloren geht. So gesehen ist ein optimal passender Sicherheitsschuh auch ein Mittel, das zur Prävention beitragen kann.

An wen müssen sich Betroffene im Betrieb wenden, und was müssen sie beachten?

Je nach Unternehmen kann die Verantwortung für den Bereich Sicherheitsschuhe unterschiedlich organisiert sein. Bei orthopädischen Fragen können sich Mitarbeitende in der Regel an den Sicherheitsbeauftragten des Betriebs wenden. Grundsätzlich gilt: immer zunächst das Gespräch über den Vorgesetzten suchen. Die Anfrage kann beispielsweise lauten: «Ich habe Probleme mit meinen Füßen und habe gehört, dass es zertifizierte Einlagen gibt.» Dann sollte die Anfrage an die zuständige Person weitergehen, die die PSA im Betrieb verantwortet.

Mit welchen Partnern arbeitet ELTEN zusammen – und wie haben sich die jahrelangen Partnerschaften entwickelt?

Wir pflegen verschiedene Partnerschaften. Zum einen arbeiten wir eng mit verschiedenen Ärzten zusammen. In der Schweiz kooperieren wir unter anderem mit Dr. Georg Ahlbäumer, Chefarzt und Mitinhaber der Klinik Gut in St. Moritz. Mit ihm haben wir beispielsweise einen Schuh gegen Umknickunfälle entwickelt. Im Aussenbereich verfügt dieses Schuhwerk über eine stabilisierende Manschette, damit der Schuhträger nicht umknickt und vor Bänderrissen geschützt ist. Mit Dr. Schraeder haben wir unseren diabetischen Schuh, den «Dialution» entwickelt. Zum anderen arbeiten wir auch mit einem Biomechaniker zusammen, unserem Professor Dr. Grau aus Göteborg. Mit ihm entwickeln wir Sohlenkonzepte für Rutschfestigkeit bzw. Passformkonzepte und Vermessungsformen. Darüber hinaus kooperieren wir mit orthopädischen Einlagenherstellern bzw. orthopädischen Partnern, die Einlagen für die Orthopädieschuhmacher produzieren. Wir sind in beide Richtungen gut aufgestellt.

Ein orthopädisch veränderter Sicherheitsschuh muss nach wie vor den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Wie wird denn die Norm der Einlage bzw. der Änderung bei Auslieferung überprüft?

Die Faktoren sind immer abhängig von der Resthöhe der Kappe, z.B. davon, wie dick die Einlage konzipiert sein darf. Bei der Prüfung wird die Einlage in den Schuh untergebracht. Dann wird ein 20-kg-Gewicht aus verschiedenen Höhen auf die Kappe
fallengelassen. Die Schutzkappe darf sich nur um einen kleinen Grad verformen, sodass eine Resthöhe, die den Zehenbereich schützt, erhalten bleibt. Der Schuh muss in Prinzip die allgemeine Prüfung bestehen, unabhängig von der Einlage oder Änderung. Ich kann theoretisch eine Einlage in einen S1-Schuh, genauso wie in einen S3-Schuh, unterbringen. Man kann auch beim S3-Schuh eine Abrollhilfe vornehmen. Entscheidend ist hier, dass die Durchtrittsicherheit keinesfalls verändert werden darf. Diese muss immer, fix integriert, im Schuh gewährt bleiben.

Es gibt sogenannte Fertigungsanweisungen von ELTEN. Wer steht dabei schlussendlich in der rechtlichen
Verantwortung?

In Prinzip immer der Inverkehrbringer, beispielsweise im Falle einer Einlage. Der Orthopädieschuhmacher ist dafür verantwortlich, dass er genau nach den Fertigungsvorgaben arbeitet. Arbeitet er nach der Fertigungsanweisung und haben wir diese über die Prüfinstitute nachprüfen lassen, haben wir die Verantwortung inne, geben aber unsere Bestätigung letztendlich an die Prüfinstitute weiter, damit wir auf der sicheren Seite sind.

Welchen Rat hast du für Sicherheitsexperten (SiBe) für Betriebe bei der Ausstattung mit Sicherheitsschuhen?

Die Gefährdungsbeurteilung erfolgt durch den Sicherheitsbeauftragten. Dieser entscheidet zunächst, welche Sicherheitsklasse erforderlich ist. In der Logistik kann ich beispielsweise einen S1-Schuh tragen oder alternativ, bei Feuchtigkeit, einen S2-Schuh. Bei Nägeln usw. nehme ich einen S3-Schuh wegen der Durchtrittssicherheit. Dann fällt beispielsweise zusätzlich ein Knöchelschutz ins Gewicht, der ebenfalls über eine Gefährdungsanalyse evaluiert wird, um herauszufinden, was bei welchem Arbeitsplatz verwendet wird. Die Gefährdungsanalysen umschreiben genau, wann welcher Schuh eingesetzt werden darf. Man sollte jedoch in jedem Fall einen Sicherheitsschuh mit einer vernünftigen Dämpfung und Passform verwenden, um den Mitarbeitenden konzentriertes Arbeiten zu ermöglichen. Ein vernünftiges Fußbett und Dämpfung sind auch immer ausschlaggebend.

Zum Schluss: An unserer Academy bietest du zusammen mit deinen Kollegen einige Seminare im Bereich Orthopädie an. Das Spektrum ist vielseitig und richtet sich auch an den Fachhandel. Wer besucht die Seminare hauptsächlich?

Einen Besuch in unserer Academy kann ich nur empfehlen. Wir haben eine Villa, die wir vor einigen Jahren erworben haben. Unser Inhaber hat diese zu Schulungszwecken umgebaut. Es herrscht immer ein super Ambiente und unsere bisherigen Teilnehmenden waren alle begeistert. Ich bin jeweils auch als Referent geladen und komme sehr gerne, denn das Mittagessen ist immer sehr gut (lacht). Von der Fachkompetenz her können wir in Uedem eine riesiges Spektrum anbieten: von der Produktentwicklung, über den Bereich der Orthopädie bis hin zu technischen Fragen oder Normfragen haben wir von allen Seiten unsere Spezialisten an Bord. Wir führen auch eigene Händlerseminare für Anfänger und Fortgeschrittene durch. Besonders für Anfänger im technischen Handel bieten wir diverse Basisschulungen an, da das Warenkundewissen rund um Normen bei Schuhen bekanntlich sehr komplex ist.

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